Sozial- und Integrationsminister Kai Klose hat im Dezember 2022 je acht Initiativen und Einzelpersonen mit der Landesauszeichnung für soziales Bürgerengagement geehrt.

„Die Landesauszeichnung ist ein Zeichen unserer Anerkennung. Sie macht aber auch darauf aufmerksam, wie groß die Bereitschaft in Hessen ist, sich ehrenamtlich in verschiedenen Lebensbereichen zu engagieren. Über zwei Millionen Menschen setzen sich ehrenamtlich und/oder freiwillig für unsere Gemeinschaft ein. Ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement ist eine tragende Säule des Zusammenhalts unserer Gesellschaft“, sagte Klose im Rahmen der Verleihung in Wiesbaden.

Klose führte aus, dass der Jury für die inzwischen 20. Verleihung der Auszeichnung insgesamt 120 Bewerbungen vorgelegen hätten – schon diese Zahl belege die Breite des Engagements eindrucksvoll. Gerade in bewegten Zeiten benötige Hessen eine stabile soziale Infrastruktur, für die alle staatlichen Ebenen die Rahmenbedingungen setzten. „Wer sich sozial engagiert, trägt zur Stärkung unserer Demokratie bei. Denn: Ihr Engagement ist Ausdruck gesellschaftlicher Mit- und Selbstbestimmung durch konkretes Handeln auf kommunaler und lokaler Ebene. Sie sind echte Vorbilder“, so der Sozialminister.

Mit der Landesauszeichnung für soziales Bürgerengagement wurden seit der Einführung 2003 bereits 160 Einzelpersonen und 152 Gruppen geehrt. Alle Initiativen und Einzelpersonen erhalten neben der Auszeichnung in Form einer Skulptur auch ein finanzielles Dankeschön in Höhe von 500 Euro für ihren Verein oder ihre Organisation.

Seit 2021 hat die LAGFA Hessen die Aufgabe als Projektbüro zur organisatorischen Durchführung übernommen. Im Frühjahr 2023 beginnt die Bewerbungsphase für die 21. Landesauszeichnung Soziales Bürgerengagement. Infos bei Monika Pröse (landesauszeichnung@lagfa-hessen.de) oder bei Vera Worgull vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (vera.worgull@hsm.hessen.de)

Die Preisträger 2022 im Überblick

Roswitha Bielwo aus Darmstadt: Frau Bielwo setzt sich für die Stärkung von Sinti und Roma in Darmstadt ein. Dank ihres Einsatzes ist nicht nur das Eberstädter Bündnis gegen Antiziganismus entstanden, sondern auch die „Schulprojekttage gegen Antiziganismus“ in Eberstadt – Initiativen, die über Darmstadt hinaus Modellcharakter besitzen und Aufklärung und Empowerment vor Ort leisten.

Nathalie Cahn und Carmen Rützel aus Frankfurt: Frau Cahn und Frau Rützel engagieren sich im Frankfurter Mädchenbüro Milena, einer Bildungs- und Integrationseinrichtung für Mädchen und Frauen, die 2014 von sieben Migrantinnen gegründet wurde. Das Büro ist anerkannter Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe und bietet Mädchen und jungen Frauen mit und ohne Fluchtgeschichte einen geschützten Begegnungsort, wo Frau Cahn und Frau Rützel auch bei der Erledigung von Hausaufgaben oder dem Schreiben von Studienarbeiten unterstützen und bei Bedarf Nachhilfeunterricht erteilen.

Ulrike Peschelt-Elflein aus Frankfurt: Frau Peschelt-Elflein engagiert sich seit über zehn Jahren für die Belange von Alleinerziehenden im Landesverband alleinerziehender Mütter und Väter Hessen – einer Mitglieder- und Selbsthilfeorganisation, die sich auf allen Ebenen für die Förderung und Gleichstellung von Einelternfamilien einsetzt und bei der sich Frau Peschelt-Elflein seit mehr als zehn Jahren im Landesvorstand einbringt.

Dr. Mariame Racine Sow aus Frankfurt: Frau Dr. Racine Sow gründete im Jahr 1998 mit „Forward for Women“ einen international tätigen und gemeinnützigen Verein, der sich für die Beendigung traditioneller Formen ritualisierter Gewalt gegen Mädchen und Frauen – insbesondere weibliche Genitalbeschneidung bzw. Genitalverstümmelung – einsetzt. . Frau Dr. Sow steht den betroffenen Frauen mit Beratung zu praktischen Fragen im Umgang mit Gewalterfahrungen und Rassismus zur Seite, führt aber auch Schulungen und Diskussionsrunden in der afrikanischen Community und in Flüchtlingseinrichtungen durch, u.a. im Bereich der Gewaltprävention.

Roksolana Rakhletska aus Frankfurt: Frau Rakhletska engagiert sich als Vorstandsmitglied des „Ukrainischen Vereins Frankfurt am Main e.V.“ und als Leiterin der ukrainischen Samstagsschule, die Teil der Vereinsarbeit ist. Im Kern der Vereinsarbeit steht die Förderung der ukrainischen Kultur in ihrer Wechselwirkung mit der deutschen wie auch anderer Kulturen sowie – aktuell besonders wichtig – die Hilfe für ukrainische Bürger*innen bei der Überwindung von Integrationsschwierigkeiten in Deutschland. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich die Schule zu einem Treffpunkt für viele der aus der Ukraine geflohenen Mütter und ihrer Kinder entwickelt.

Christoph Schnabel aus Hosenfeld, Ortsteil Blankenau: Herr Schnabel ist seit Jahrzehnten ehrenamtlich in vielfältiger Art und Weise in Blanken-au sozial engagiert. Allein in den vergangenen fünf Jahren war er beim Bau und der Sanierung eines Parkplatzes, der Sanierung des Dorfbrunnens, dem Neubau der Toilettenanlagen an der Grillhütte, dem Neu- und Umbau des Feuerwehrhauses, dem Umbau der Bühne und Technik im Bürgerhaus sowie dem Bau der Wohlfühloase am Bürgerhaus engagiert. Seit 2012 verwaltet Schnabel zudem das Equipment der Vereinsgemeinschaft Blankenau – einer Kooperation von zwölf Vereinen.

Gabriele Winter aus Baunatal: Ein Schwerpunkt ihres Engagements ist die „Initiative Aufnehmen statt Ablehnen“ (IASA), die während des Kriegs auf dem Westbalkan gegründet wurde und die einen Kleiderladen mit Café und niedrigschwelligem Beratungsangebot für Geflüchtete betreibt. Beratung und Begleitung vor allem von Frauen zu Themen wie Ernährung, Verhütung und Schwangerschaft zählen hier zu den Schwerpunkten. Darüber hinaus betreut Frau Winter seit mehr als zehn Jahren geflüchtete Familien in ihrem Lebensalltag sowohl in den Gemeinschaftsunterkünften als auch in privaten Wohnungen.

Team Rhön aus Künzell/Dipperz: Die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Unterstützung der hiervon betroffenen Menschen in der Gemeinde Kreuzberg im Ahrtal steht im Zentrum des Engagements des Teams Rhön, das mit Aufräumarbeiten begonnen hat, sich dann aber verstetigte und bis heute anhält. Das Team Rhön hat in einer Notsituation, in der staatliche Hilfen nicht ausreichten, ein breites und direktes Hilfs- und Unterstützungsangebot aufgebaut.

Gut leben auf dem Dorf – hier in Oberrosphe: Im Februar 2015 wurde der gemeinnützige Verein „Gut leben auf dem Dorf – hier in Oberrosphe e.V.“ (GladD) gegründet. Im März 2016 übernahm der Verein die Verantwortung für das Dorfgemeinschaftshaus, um es als Begegnungs- und Veranstaltungsort zu stärken. Die Arbeit des Vereins reicht aber weit über das Dorfgemeinschaftshaus hinaus – beispielsweise wird auch Nachbarschaftshilfe oder Hilfe bei Behördengängen geleistet. Auch dem Thema Mobilität widmet sich der Verein, der eine lokale Mitfahrvermittlung aufgebaut und Carsharing und E-Mobilität durch Anschaffung und Vermietung eines Elektroautos gefördert hat.

Vätergruppe Kassel e.V.: Seit 25 Jahren setzt sich die Vätergruppe Kassel e.V. für ein zeitgemäßes Vaterbild und eine kooperative Elternschaft in Kassel ein und hat am 7. Oktober 2022 in einem Festakt ihr Jubiläum im Rahmen einer Feier begehen können. Seit seiner Gründung hat sich der Verein kontinuierlich weiter- und zur Erfolgsgeschichte entwickelt. Heute bietet die Gruppe ein breites Spektrum von Angeboten für Väter – aber auch Großväter – an. Dazu zählen etwa Informations- und Diskussionsveranstaltungen, Beratungs- und Austauschangebote für junge Väter, Vater-Kind-Wochenenden oder eine Segelwoche auf der Ostsee.

Wir sind Wahlen: Wahlen im Odenwald ist als Ortsteil von Grasellenbach mit ca. 900 Einwohnerinnen und Einwohner ein eher kleiner und überschaubarer Ort. Seit über zehn Jahren entwickeln hier ehrenamtlich engagierte Bürger*innen gemeinsam Ideen um ihren Ort lebenswert und attraktiv zu gestalten. Die meisten Projekte werden auf dem zentral gelegenen Gelände des ehemaligen Bahnhofs realisiert. Dieses Areal wurde durch die Initiative zu einem naturnahen Freizeit- und Erholungsareal mit Kinderspielplatz, Lademöglichkeiten für E-Bikes und einer barrierefreien Toilette entwickelt. Im Mai 2020 wurde durch viele ehrenamtliche Arbeitsansätze der umfangreich renovierte und modern erweiterte Dorftreff fertiggestellt.

Dreieichhörnchen in Dreieich: Der Verein Dreieichhörnchen betreibt seit 1998 eine Kinder- und Jugendfarm in Dreieich, die eine Mischung aus Abenteuerspielplatz und Kinderbauernhof darstellt. Das naturbelassene Gelände mit ca. 10.000 Quadratmeter Fläche bietet hierfür hervorragende Möglichkeiten. Die Kinder- und Jugendfarm hat sich inzwischen von einem Angebot der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu einem Bildungsprojekt entwickelt, das mit zahlreichen Kitas und Schulen kooperiert. Auf dem Gelände können Kinder und Jugendliche im Hüttendorf bauen, das Lagerfeuer entfachen, im Lehmofen backen oder im Garten ernten und naschen. Hühner, Schafe, Enten, Katzen und Ponys können hautnah erlebt werden.

Spurwechsel e.V. aus Kaufungen: Der Verein Spurwechsel e.V. ist im Jahr 2019 entstanden und setzt sich für die Schaffung ökologischer und sozialer Mobilitätsangebote in Kaufungen ein. Mit diesem Engagement wollen die 30 ehrenamtlich im Verein Engagierten die Mobilitätswende in Kaufungen unterstützen. Um konkret Impulse zu setzen, wurden vor zwei Jahren 14 Mitfahrbänke in den drei Ortsteilen von Kaufungen aufgestellt – eine Idee, die Menschen verbindet: Wer vom Dorf in die Innenstadt möchte oder seinen Einkauf nicht bergauf tragen will oder kann, setzt sich auf die Bank und wählt sein Fahrziel mit Hilfe der Zielschilder. So erkennen die Autofahrenden, wohin die auf der Bank sitzende Person mitgenommen möchte. 2021 wurde zudem ein CarSharing-System initiiert, bei dem Privatpersonen ihr wenig genutztes Auto zum Verleih anbieten können. Derzeit arbeitet der Verein mit der Gemeinde daran, ein flächendeckendes E-Lastenradverleihsystem zu etablieren.

RODNIK e. V.  aus Fulda: Das interkulturelle Zentrum für Begegnung, Beratung und Bildung RODNIK e. V. wurde im Jahr 2000 in Fulda gegründet um den Kontakt und den Kulturaustausch zu unterstützen. In den letzten Jahren öffnete sich der Verein interkulturell und kooperiert mit Migrantenorganisationen aus anderen Kulturkreisen. Das hat auch den Verein selbst für Mitglieder unterschiedlicher kultureller Hintergründe geöffnet. Neben seiner eigenen Vereinsarbeit führt RODNIK als Bildungsträger auch Maßnahmen im Programm „Qualifizierung im Ehrenamt” der Stadt Fulda durch, darunter Qualifizierungen für Jugendleiter*innen. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Flucht vieler Ukrainerinnen mit ihren Kindern nach Deutschland setzt sich der Verein insbesondere für sie in Fulda ein. So begleiten ehrenamtlich Engagierte ukrainische Geflüchtete bei Amtsgängen, dolmetschen, bieten offene Beratungsstunden an und organisieren Freizeitangebote für ukrainische Kinder und Jugendliche.

GemeinsamLeben in Fuldabrück: Wenn Flüchtlinge ihr neues Leben in Deutschland beginnen, sehen sie sich häufig mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, bei deren Bewältigung sie auf Unterstützung angewiesen sind. Diese Hilfe steht im Zentrum des Engagements des Vereins „GemeinsamLeben in Fuldabrück“. Während viele weitere Unterstützerkreise im ganzen Land ihr Engagement mit dem Rückgang der Zahl der Geflüchteten ab 2018 zurückgefahren haben, hat sich das Engagement des inzwischen als Verein „Gemeinsam Lebens in Fuldabrück“ organisierten Hilfs- und Unterstützungsangebots weiter gefestigt. Damit war eine gute Grundlage vorhanden, um die aus der Ukraine geflohenen Menschen zu Beginn dieses Jahres schnell unterstützen und begleiten zu können.